Aktivitäten und Events, Aktuelles aus unseren Schulen

Erzieher werden: Über Umwege in den Traumberuf.

17.02.2020

Ein Interview von Paula Camara

 

Nils Leimbach ist 32 Jahre alt, ein waschechter Berliner mit zweitem Zuhause in Nordhessen. Er lebt mit seinen zwei Söhnen und seiner Frau im Norden Berlins.
Als Auszubildender im Ganztag der Neuen Grundschule in der Plantagenstraße ist Nils mit Leib und Seele auf dem Weg, Erzieher zu werden. Wie bei vielen seiner Kolleg*innen war sein Weg hierhin nicht gradlinig… und gerade das interessiert uns sehr.
Ich treffe ihn an einem kalten Frühwintertag. Es gibt sehr starken Kaffee und einen Rundgang durch die Räume (und den Garten) des Ganztags. Als wir uns zum Gespräch setzen, bin ich erstaunt und froh über seine Offenheit.


  • Nils, wusstest Du schon immer, dass Du im sozialen Bereich arbeiten möchtest?
    Nein. Eigentlich nicht. Mein Weg in den Beruf als Erzieher war eher von Umwegen geprägt.
    Obwohl ich schon früh Überschneidungen mit sozialen Berufen hatte: Nach der Schule habe ich einen Ausbildungsplatz im Einzelhandel gesucht und in der Nähe von Kassel einen gefunden. Ich zog also von Berlin in eine Kleinstadt in Nordhessen und habe in einem Fotoladen meine Ausbildung zum Fotografie-Fachverkäufer gemacht.
    Im Laufe meiner Ausbildung wurde ziemlich bald klar, dass ein Umbruch von analoger zu digitaler Fotografie anstand und somit auch Bildbearbeitung immer wichtiger wurde.
    Ich habe dann nach der Ausbildung eine Weiterbildung zum „Gestaltungstechnischen Assistenten“ gemacht und so meinen Schwerpunkt auf Beratung und Bildbearbeitung gelegt.
    Um hiernach die Fachhochschulreife zu erlangen und studieren zu können, musste ich ein halbes Jahr Praktikum machen.
    Mich verschlug es nach Malta.

 

  • Was hast Du dort gemacht?
    Auf Malta habe ich in einem sozialen Projekt als Grafiker gearbeitet. Die Stimmung hat mir gut gefallen. Alle waren sehr aufgeschlossen und engagiert und ich habe in einer Groß-WG mit 21 Mitbewohner*innen aus 18 Nationen gelebt. Dieser soziale Zusammenhalt und das Sinnhafte an der Arbeit hat mich sehr geprägt.
    Hier lernte ich auch meine Frau kennen.

 

  • Und dann hattest Du den Wunsch, etwas Soziales zu studieren?
    Ja, tatsächlich habe ich nach dem Praktikum ein Studium in Sozialer Arbeit in Kassel begonnen.
    Das Studium war mir aber schon bald zu theoretisch und nicht so praxisbezogen, wie ich es mir gewünscht hatte.
    Und irgendwie hatte ich auch immer noch Ambitionen, Grafiker zu werden… ich war also nicht entschlossen.
    Zunächst entschied das Leben für mich: meine Frau und ich wurden Eltern.
    Nach der Geburt unseres ersten Sohnes zog es uns nach Berlin. Ich wollte zurück nach Hause… und glücklicherweise hatte meine Frau auch Lust auf Berlin. (lächelt)

 

  • Was änderte sich in Berlin?
    Ich ging zunächst zurück in meinen alten Beruf, arbeitete in Copyshops und Druckereien als Mediengestalter und im Service, um Geld zu verdienen. Aber auch, weil es mir Spaß machte! Besonders das Erklären und Erzählen hat mich immer erfüllt und ich merkte bald, dass ich das auch ganz gut kann. (grinst bescheiden)
    Hier kam es zu einer Art Schlüsselerlebnis für mich:
    Bei einer Promo-Aktion habe ich eine Art T-Shirt-Werkstatt geleitet. Hier habe ich mit Kindern gemeinsam T-Shirts mit ihren eigenen Motiven bedruckt. Die Arbeit hat mir so viel Spaß gemacht! Ich merkte, das mit dem Erklären ging gut und das Feedback der Kinder war wertschätzend und toll. Das war genau das, was ich am liebsten machen wollte!

 

  • Wann hast Du nun gewusst, dass Du die Ausbildung zum Erzieher machen willst?
    Das kann ich ziemlich genau sagen… (denkt nach)
    …am ersten Dezemberwochenende 2018 wusste ich es!

 

  • Oh. Das ist aber präzise!
    Ja, das habe ich mir gemerkt.
    Auf dem Weihnachtsmarkt im Tegeler Forst trafen meine Familie und ich einen Kollegen meiner Frau, der die duale Ausbildung zum Erzieher machte. Als er mir davon erzählte, dass hier neben der Theorie der Anteil der praktischen Arbeit so groß war, war ich Feuer und Flamme! Um wirklich festzustellen, ob das etwas für mich ist, habe ich einen Vorbereitungskurs an einer Erzieher*innenschule gemacht. Das ist so eine Art Vorbereitungskurs von 8 Wochen, in dem man in alle Bereiche der Ausbildung einmal reinschauen kann. Ich fand es toll.
    In der Zeit kam dann schon der Kontakt zu Nils Koesling zustande. (Anm. der Redaktion: Nils Koesling ist Leiter des Ganztags an der Plantagenstraße.)

 

  • Und dann bist Du ja tatsächlich im Ganztag an der Neuen Grundschule in der Plantagenstraße gelandet. Hast Du Dir eine ähnliche Stelle gewünscht?
    Jaa! (Die Antwort kam schnell)
    Ich habe mir genau so eine Stelle gewünscht. Ich wollte am liebsten mit Grundschüler*innen arbeiten und freue mich, dass ich hier beim Aufbau einer Schule einsteigen kann. Das Team und die Kinder sind toll und ich kann mich hier total ausleben.

 

  • Was sind denn Deine Aufgaben?
    Kinderbetreuung, Vorbereitung von Angeboten (der Garten-AG zum Beispiel), die Kommunikation im multiprofessionellen Team… und Lernen für die Ausbildung natürlich.

 

  • Das klingt direkt nach viel Verantwortung. Welche Aufgaben fallen Dir leicht?
    Die Durchführung von meinen eigenen Angeboten.

 

  • Was fällt Dir nicht leicht?
    Mir tut es immer leid, die Kinder aus dem aktuellen Spiel rauszureißen, um zum Beispiel meine AG durchzuführen. Wenn ich sehe, dass die Kinder gerade vertieft sind, ist es manchmal schwer, streng zu sein und ihre Zeit zu begrenzen.
    Ich finde das manchmal nicht leicht zu vertreten. Aber im Schulkontext ist Struktur eben total wichtig.

 

  • Gibt es auch Momente, in denen Du überfordert bist?
    Klar, die muss es ja geben.

 

  • Und wer hilft Dir dann?
    Meine Mentor*innen, mein Team… und ziemlich oft auch meine Frau.

 

  • Nun bist Du seit Mitte des Jahres in der Ausbildung und an der Neuen Grundschule in der Plantagenstraße. Welche Erfahrung imponiert Dir am meisten?
    Die extreme Offenheit der anderen Leute, die hier arbeiten. Sicher hat das damit zu tun, dass die Schule im Aufbau ist und sich alle sehr wohl gesonnen sind.
    Und das Feedback der Kinder. Das ist Balsam für die Seele. Und für das Ego natürlich ¬– Es zeigt mir, dass ich mit meiner Entscheidung, Erzieher zu werden, richtig lag.

 

  • Noch eine letzte Frage: Wenn Du das Wort „Kindheit“ hörst, was kommt Dir als erstes in den Sinn?
    Oh. (denkt nach) Das will ich richtig sagen.
    Ein unbeschwertes Dasein. Das soll es sein. Mit einem riesigen Portfolio an Möglichkeiten.

 

Ein schönes Motto für jemanden, der mit Kindern arbeitet. Und sehr passend zu Deinem eignenen Werdegang.
Danke, Nils. Schön, dass Du da bist!

🙂

toggle bipanav