20.06.2017
Ein Bericht von Justus Degner
Miro steht ganz unruhig vor der Schule, tappelt mit den Füßen auf und ab, schaut nun schon zum sechsten Mal auf seine Uhr – immer noch 5 Minuten. Plötzlich blockiert ein weißer Transporter die Schuleinfahrt. „Hey, hier können Sie nicht stehen bleiben, hier kommt gleich der Union-Bus und der muss hier durch!“ Plötzlich tippt jemand Miro von hinten auf die Schulter.
Miro? Das ist der AG-Leiter der Fußball-AG an unserer Schule. Und heute steht ein wichtiger Termin an. Ein Jugendtrainer von Union Berlin hat sich angekündigt, und er führt heute das Training durch. Das ist schon was Besonderes und passiert nicht alle Tage. Deswegen darf auch nichts dazwischen kommen, erst recht nicht dieser weiße Transporter.
„Ich hab da hinten geparkt, kein Problem. Du müsstest mir nur kurz tragen helfen!“ Schon bevor sich Miro umdreht weiß er, wer ihm da von hinten auf die Schulter tippt. Mit einem Handschlag begrüßt er den Jugendtrainer und lässt sich dann nicht lange bitten. Mit Fußbällen, Trikots und Toren auf dem Rücken, begleitet von neugierig blickenden SchülerInnen, geht’s über den großen Schulhof zur Sporthalle. In der Umkleidekabine der Jungen herrscht indessen schon helle Begeisterung. Erst letzte Woche haben sie erfahren, dass ein Profi kommt, um mit ihnen zu trainieren. Allen ist die Freude anzusehen und auch ich kann mir ein breites Grinsen kaum verkneifen.
Und dann geht es los. Punktlauf, Sprints, Ballbeherrschung, Dribbling auf engstem Raum, Passspiel, Schusstraining – so viele Übungen hat es in unserer Fußball-AG noch nie gegeben. Miro und ich haben Mühe, uns all die Trainingseinheiten zu merken. Die SchülerInnen sind indes voll in ihrem Element. Fokussiert auf den Ball führen sie eine Übung nach der anderen durch, laufen auf und ab, hin und her, immer den Ball am Fuß.
Puh, Trinkpause, kurz durchatmen. Und weiter geht’s! Mannschaften wählen, Trikots anziehen und dann – jeder gegen jeden. Sonst diskutieren die SchülerInnen bei Schiedsrichterentscheidungen ab und an. Heute diskutiert keiner. Heute meckert keiner. Heute sind wir alle Profis.
Miro und ich bewundern derweil die Ruhe, mit der der Trainer die AG durchführt. Vielleicht ist es die tägliche Arbeit am Ball, die ihn so routiniert wirken lässt. Auf jeden Fall können wir uns das Eine oder Andere bei ihm abschauen. Die Kinder sind ohnehin begeistert, fragen den Trainer schon vor dem Ende, wann er das nächste Mal wiederkommt. Auch uns AG-Leitern drängt sich diese Frage auf.
Um 16 Uhr ist das Training mit Union vorbei. Viel zu kurz, aber das ist dienstags eigentlich immer so. Ich bringe Bälle, Tore, Trikots und Trainer noch zum Union-Bus und verabschiede mich. „Das können wir mal wieder machen“, sagt er noch und gibt mir ein Handbuch mit vielen Übungen und Spielideen. „Na klar, gern!“ sage ich mit breitem Grinsen, „JEDERZEIT!“.
