Das kleine und das große WIR – Neue Bücher in der Fachbibliothek

14.02.2017

Von Gérard Leitz

Das BeraterInnen-Team hat die Fachbibliothek wieder erweitert. Es gibt neue Literatur, die sich u.a. mit den Vorteilen (!!!) von ADHS beschäftigt, mehrsprachige Bücher über z.B. Wunschkinder, aber auch Sachbücher über kreative Gesprächsführung mit Kindern und einiges mehr, die wir Euch an dieser Stelle vorstellen möchten.

Glücklicherweise gibt es auch hier im Kaskelkiez, wo sich unsere Geschäftsstelle seit Oktober 2016 angesiedelt hat, einen ganz besonderen Buchladen, mit dem wir gerne kooperieren. „Paul und Paula“ (hier geht es zur Website) ist ein kleiner gemütlicher Ort, an dem einer der beiden Räume fast ausschließlich mit Kinderbüchern und Fachliteratur ausgestattet ist. „Paul und Paula“ gibt es bereits seit 39 (!!!) Jahren und wird seit eineinhalb Jahren von einem vierköpfigen Kollektiv geführt, das sich ganz offensichtlich der Liebe zur Literatur widmet. Da verzichtet man doch gerne auf die Bequemlichkeit, Bücher übers Internet zu bestellen, wenn es Orte wie diesen gibt.

Mit Kindern auf die richtige Art und Weise ins Gespräch zu kommen, die Meinung der Kinder zu erfahren, und das, ganz ohne die Kinder zu manipulieren, erklärt die Kindertherapeutin Martine Delfos in diesem Buch, das Annett Freudiger in die Fachbibliothek eingebracht hat. Frau Delfos gibt viele Beispiele aus der Praxis und Anregungen, die uns dabei unterstützen, auch sensible Themen wie Trauer und Ängste bei Kindern im Grundschulalter anzusprechen. Erschienen bei Beltz.

Für die von Fachberaterin Kerstin Wisniewska begleiteten SchulsozialarbeiterInnen an unseren Oberschulen, die mit Jugendlichen arbeiten, gibt es das äquivalente Buch „Wie meinst du das?“. Sicher ebenso lesenswert und hilfreich.

Um gut mit Kindern über unterschiedlichste Themen ins Gespräch zu kommen, empfehlen wir das tiefgründige und sehr schön illustrierte Werk „Was WÜRDEst du tun?“ von Karin Gruß und Tobias Krejtschi (erschienen bei minedition). Es ist ein Buch über Würde, Gerechtigkeit und Zivilcourage. Gezeigt werden Bilder, die Situationen zeigen, die wir täglich an unseren Standorten erleben und für die es oft keine einfachen Antworten gibt. Sehr schön, um mit den Kids über allgemeine Wertevorstellungen und vor allem über WÜRDE ins Gespräch zu kommen. Was sagt man zu einem im Rollstuhl sitzenden Vater, dessen Sohn gerade auf dem Spielplatz auf die höchste Stelle der Spinne klettert, während er selbst mit dem Handy beschäftigt ist und keine Augen für sein Kind hat? Mit diesem Buch werden schon die Kleinsten für Rassismus, Stigmatisierung und Ungerechtigkeit sensibilisiert und können im Gespräch lernen, Haltung einzunehmen.

Wie ein oder mehrere bissige Wörter sich anfühlen, wissen die meisten von uns – und auch, wie wir selbst damit umgehen, aber nicht immer. Kinder brauchen in dieser Hinsicht sehr viel Unterstützung, und die bekommen sie in der Regel von ihren Familien und auch von uns. In „ACHTUNG! BISSIGES WORT!“ von Edith Schreiber-Wicke sind Laura und Leo die besten FreundInnen. Doch eines Tages: Knie zerschrammt, Saft verschüttet, keinen Schokoriegel bekommen, beim Memory verloren! Laura hat richtig schlechte Laune und sie wirft Leo „…“ an den Kopf. Wie die beiden wieder zusammenfinden? Seht selbst… Erschienen bei Thienemann.

Auch in „Das kleine Wir“ von Daniela Kunkel geht es um Respekt und den kleinen Moment, in dem wir das große Wir eben mal so aus der Bahn werfen und lange Zeit brauchen, bis wir es wiederfinden.

Ganz nach dem Prinzip des Kinderbuch-Klassikers „Irgendwie anders“ geht es in dem, ja, niedlichen Buch „Du gehörst zu uns“ von der renommierten Kinderbuchautorin Julia Volmert um das Anderssein, und darum, dass jeder auf seine Art etwas Besonderes ist.

Ein Klassiker aus dem Jahre 1990, den die Kinder lieben und der sie zum Lachen bringt, ist das rührende Buch über „Die fürchterlichen Fünf“ von Wolf Erlbruch. Schon der einleitende Satz „Die Kröte glotzte glasig aus ihren quittegelben Augen in die Nacht.“ verspricht, dass die Nacht einiges an Überraschungen bereithält. Nachdem die trübsinnige Kröte, die weitgereiste Ratte, die Schrecken verbreitende Fledermaus, die beleidigte Spinne und die weise Hyäne zusammentreffen und sich gegenseitig ihre Talente „beichten“, gibt es ein Happy End, bei dem der Fuchs sogar ganz vergisst, die Gans zu fressen. Ein großartiges Buch über das WIR!
Bereits in der 11. Auflage erschienen im Peter Hammer Verlag.

Während die fürchterlichen Fünf nun ihr großes Pfannkuchen-Fest mit Musike unter einer Brücke feierten, geht es andernorts nicht ganz so lustig zu. Ein Buchtipp der besonders zur kalten Jahreszeit ans Herz geht, ist das Buch „Ein mittelschönes Leben“, das sich dem Thema Obdachlosigkeit annimmt.

Auch hier steht die Würde des Menschen im Vordergrund. Dieses Buch kann man gut mit Kindern lesen, wenn man gemeinsam mit ihnen den Blick über den Tellerrand der eigenen heilen Welt werfen möchte. Es berichtigt die eigenen Beurteilungsmaßstäbe neu, erzählt von den Sorgen und Ängsten des Protagonisten. „Was denken meine Kinder, wenn sie mich so sehen?“

Im zweiten Teil des Buches findet man Interviews von Hamburger Kindern, die ihre Fragen den obdachlosen Menschen stellen. Fragen wie: „Wovor haben sie Angst?“ oder „Wie können Sie wieder ein Zuhause finden?“. Rührend, herzergreifend und gefühlvoll!

Mitfinanziert wurde das Buch von der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, was den günstigen Preis ermöglicht. Teile des Erlöses kommen dem Hamburger Obdachlosenprojekt „Hinz & Kunzt„ zugute. Man tut also nicht nur mit dem Vorlesen etwas Gutes, sondern auch für andere, denen so vielleicht die eine oder andere warme Mahlzeit serviert werden kann.

Auch unter Brücken und in Kanälen befinden sich „Arthur und Antoine“. Anstelle leckerer Abfälle wie Wurstzipfel und verschimmelten Kartoffelschalen finden die beiden Ratten Professor Denktnach und seine Frau ein Ei! Wie der kleine Arthur, der aus dem Ei schlüpfende Rabe, den anderen Rattenkindern beweist, dass auch er eine Ratte ist, erfahrt Ihr in diesem mitreißenden Buch.

Zum Vorlesetag an der GutsMuths-Grundschule haben Télio Jansolin, Filmer, Fotograf und Projektbegleiter, und ich das Buch auf Deutsch und Französisch vorgelesen. Die Kinder waren so begeistert und verliebt in die französische Sprache, dass sie am liebsten sofort einen Sprachkurs belegt hätten. Manchmal sind es eben diese kleinen unerwarteten Momente, die die Kinder beflügeln.

Genug von dunklen und kalten Gegenden und zurück in warme Räumlichkeiten, wo uns unsere mehr oder weniger aktiven Kinder oft zum Schwitzen bringen. Besonders diejenigen, die das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom haben. Kinder mit ADHS sind meist nur dann anstrengend, solange wir sie nicht dabei unterstützen, sich die Vorteile zu Nutze zu machen. Genau darum geht es in diesem Buch der beiden selbst vom ADHS betroffenen AutorInnen. Sie geben Tipps und Tricks, wie man sich selbst und anderen nicht im Wege steht und zeigen, dass gerade Menschen mit ADHS sehr wichtig für unsere Gesellschaft sind.


Diese und ähnliche Themen hatten wir auch im Artikel „Unterschiedliche Lebensrealitäten“ angesprochen als auch in unserem Beitrag zu Themen wie das „Autismus-Spektrum“ oder „Menschen mit Fluchterfahrung“. Wir hoffen, Euch dazu zu inspirieren, mit den Kindern Projekte dazu zu veranstalten oder einfach mal ein gutes Kinderbuch mit ihnen zu lesen.

Wie immer freuen wir uns über Anregungen, Themenwünsche, aber vor allem auch eigene Beiträge über Aktivitäten und Projekte!

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